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Pressemitteilung zur sozialen Revolte in Frankreich (IGKL- Revolution oder Krieg)

Vorstellung der Genossen der Gruppe Arbeiterstimmen, die unsere Pressemitteilung übersetzt haben.

Gelben Westen: nach Jahrzehnten von Angriffen hat die Bevölkerung die Schnauze voll

Hiermit veröffentlichen wir eine Übersetzung eines von vielen Artikeln von linkskommunistischen Gruppen zu den Gelben Westen. (Für eine Inventarisation siehe A Free Retriever’s Digest 2018 No. 6).Abgeschlossen am 2. Dezember, befasst er sich mit der Weigerung der Regierung Macron der Bewegung entgegen zo kommen in Sache der Erhöhung der Benzinpreise. Seitdem ist das schon geschehen, aber zu spät; die gelben Westen ließen sich bei ihrer Ausdehnung über die Bevölkerung und angesichts einer chaotischen Erweiterung ihrer Forderungen nicht mehr zurückhalten. Heute steht die Bewegung vor der der Frage ob sie nicht ihre Begrenzungen erreicht hat. Gerade diese Frage stellen sich die Genossen der IGCL, neben andere Fragen die die Bewegung hat aufgeworfen. In Unterscheid zu viele anderen Texte, stellt die ICGL nicht nu ein Maximum dieser Fragen, sondern beantwortet sie auch, häufig in einer Richtung mit der wir einstimmen, und am Wichtigsten, sie gibt bewussten Arbeitern Perspektive zur Aktion. Wir vermissen aber wie die zunehmenden Zahl der Arbeitslosen in einem allgemeinem Arbeiterkampf einbezogen werden kann.

Arbeiterstimmen 9-12-2018 (https://arbeiterstimmen.wordpress.com)

Am dritten Samstag der Bewegung ’Gelbe Westen’ sorgen Bilder von den Unruhen auf den Champs Élysées und dessen reichen und schicken bürgerlichen Viertel für Schlagzeilen. Aber am 1. Dezember und nach zwei Wochen Sperren von Straßen und Verkehrskreisel explodierte eine echte soziale Revolte von Arbeitern, Arbeitslosen, Rentnern, Handwerkern, Bauern, kleinen Unternehmern und selbständigen Erwerbstätigen im ganzen Land. In Toulouse, Marseille, aber auch in Tours, Avignon, Dijon, in vielen Städten unterschiedlicher Größe.... bis Le Puy en Velay, wo die Präfektur von Demonstranten niedergebrannt wurde [1], nahmen die Kämpfe mit der Polizei zu.

Verschlimmerung und Verallgemeinerung des Zornes der Bevölkerung in allen Teilen des Landes

Wenn zu Beginn der Pariser Zusammenstöße einige rechtsextreme [2] und ’linksextreme’ Gruppen wie Schwarze Blöcke wahrscheinlich aktiv waren [3], ist es ernsthaft zweifelhaft, daß dies in Le Puy en Velay (18.000 Einwohner im ländlichen Zentralfrankreich) oder Charleville-Mézières (48.000 Einwohner in den Ardennen) der Fall war. Angesichts der Repression durch CRSs und Gendarmen haben viele ’gelbe Westen’ beschlossen, auf staatliche Gewalt zu reagieren, entweder indem sie ihre eigene Verteidigung übernehmen oder indem sie sich direkt oder passiv mit der Gewalt der verschiedenen mehr oder weniger informellen Gruppen verbinden, die als ’extrem’ dargestellt werden. Diese physische Weigerung, sich der Gewalt der staatlichen Polizei zu beugen, war bereits bei den Demonstrationen der Arbeiter gegen das Arbeitsrecht im Jahr 2016 zum Ausdruck gekommen, die gewaltsam unterdrückt worden waren, und bei denen Tausende von Arbeitern dennoch ihre Solidarität mit den ’schwarzen Blöcken’ und anderen gegenüber der Polizei bekundeten. Diese ’Radikalisierung’ von Demonstranten während sozialer Mobilisierungen reagiert auf die tägliche Gewalt, die der Kapitalismus und die Diktatur seines Staates auferlegen, und allgemeiner auf die kapitalistische Krise und das Elend aller Art, das er Milliarden von Menschen auferlegt. Abgesehen von der wachsenden Unordnung der Regierung, die unfähig scheint, sich der unmittelbaren Situation zu stellen, und die nur in der Lage zu sein scheint, Öl ins Feuer zu werfen, zeigt ihre Weigerung - bisher -, selbst die Erhöhung der Steuern auf Benzin zurückzuziehen, die die allgemeine Explosion des Zorns hätte beruhigen können, sowohl die Dringlichkeit für den französischen Kapitalismus, aber auch für die internationale Gemeinschaft, immer mehr Elend und Ausbeutung durchzusetzen, als auch den unvermeidlichen Ausbruch massiver sozialer Auseinandersetzungen auf globaler Ebene, deren Anfänge wir nur sehen. Auch die Tatsache, daß bis gestern Umfragen zeigten, daß 85 % der französischen Bevölkerung die Bewegung unterstützten, trotz der Gewalt vom 17. und 24. November - Hunderte von Verwundeten und zwei Tote - drückte diese Radikalisierung und die Verallgemeinerung des Zorns aus.... ebenso wie die Widersprüche und Grenzen dieser ’interklassistischen’ Bewegung, an der Kleinunternehmer, Handwerker, Bauern sogar, Arbeiter und Rentner beteiligt waren.

Zum Zeitpunkt des Schreibens scheint die Sackgasse total. Auf der einen Seite, ohne die von ihr beschlossenen Steuern und anderen Energiepreissteigerungen rückgängig zu machen, konzentriert die Regierung ihre gesamte Kommunikation auf Randalierer, die Medien sprechen von einem aufständischen Klima und die Gewerkschaften der Polizei fordern eine militärische Intervention und eine erneuete Verhängung des Ausnahmezustands; im Moment scheint die Regierung nicht in der Lage zu sein, eine politische Antwort zu geben. Andererseits sind die ’gelbe Westen” aufgrund ihrer Eigenschaften, ihrer vielfältigen und sogar widersprüchlichen sozialen Zusammensetzung, ihrer vielfältigen und widersprüchlichen Forderungen nicht in der Lage, sich zumindest zu organisieren und noch weniger in der Lage, eine echte Perspektive im Kampf gegen Staat und Kapitalismus zu bieten.

Grenzen und Blockade einer ’interklassistischen’ Bewegung

Das Foto der etwa dreißig ’gelben Westen’, die vor dem Grab des unbekannten Soldaten des Arc de Triomphe knien und laustark die Marseillaise singen, Arme zum Himmel gestreckt, wer auch immer diese Personen sind (ultrarechts oder nicht), inmitten der Zusammenstöße, zeigt, wie viele die Grenzen und Widersprüche dieser Bewegung sind.

Einerseits ermöglicht die Forderung nach dem Rücktritt Macrons und der Auflösung der Nationalversammlung, für den Kleinbürgerlichen und die extreme Rechte typischen Forderungen, andrerseits de Forderung nach niedrigeren Steuern und Abgaben ’allen’ sich mit ihnen zu identifizieren und sich hinter ihnen zu sammeln. Die Erhöhung der Bezinsteuer wurde als eine weiterer Angriff auf ihre Lebensbedingungen empfunden, ’der Strohhalm, der das Kamel zerbrach”. Der Grund ist daß eine große Mehrheit der Arbeiter, Proletarier, davon betroffen waren. Vor allem in den Provinzen, die es nicht gewohnt sind, wenn überhaupt, entweder durch Streiks oder Demonstrationen sich zu mobilisieren. Arbeiter die weit weg von Städten und Arbeitsplätzen wohnen wegen hohen Miet- und Immobilienpreise in der Stad, gezwungen entfernt wohnen. Also müssen diese Arbeiter mit ihren Autos zur Arbeit fahren. Gerade auf der Grundlage dieser kleinbürgerlichen Forderungen und Merkmale, die im Namen des ’französischen Volkes’ alle Schichten von ’Arbeitenden’, Angestellten und Proletariern, aber auch Kleinunternehmern, Selbstbeschäftigten, Handwerkern, Händlern und manchmal Bauern zusammenkommen, streitet die linke Partei La France Insoumise von Mélenchon mit der extremen Rechten und das Rassemblement National von Marine Le Pen um das Privileg, das französische Volk, die Nationalflagge und den schmutzigsten Nationalismus zu verteidigen.

Auf dieser Grundlage werden die Arbeiter, die sich als Proletarier in einer Masse mit heterogenen und sogar oft widersprüchlichen Interessen isoliert und übertönt, isoliert und im ’Volk’ vermischt fühlen, nichts gewinnen. Und sie haben alles zu verlieren, indem sie sich in Kampfmethoden und -ziele hineinziehen lassen, die nur der Verteidigung ihrer Interessen schaden und sie in eine Sackgasse von Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit, ja sogar Rassismus führen können.

Es ist an den Proletariern, die Führung im Kampf gegen den Kapitalismus zu übernehmen.

Andererseits hat die individuelle Beteiligung vieler Arbeiter, Rentner und Arbeitsloser dazu geführt, daß viele Forderungen, die von der Arbeiterklasse als Ganzes, vom Proletariat als ausgebeutete und revolutionäre Klasse aufgenommen werden könnten, deutlich über den Durcheinander von Forderungen der ’gelben Westen’ hinausgewachsen sind. Neben der Aufhebung des Benzinpreisanstiegs, der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns, des SMIC - viele gelbe Arbeiterwesten fordern Festsetzung der Erhöhung auf 1800 Euro pro Monat - sowie der allgemeinen Erhöhung der Löhne und Renten sollten an den Produktionsstandorten wieder aufgenommen werden, um sich entschlossen, d. h. gemeinsam, für den Kampf zu engagieren. So könnte die Arbeiterklasse diesen Behauptungen eine echte Chance bieten, die nicht nur den Weg frei macht, damit sie gewonnen werden können. Sondern auch damit sich der französische Kapitalismus zum ersten Mal seit langem zurückzieht. Auch gekämpft soll werden für die Zerstörung des Kapitalismus als solcher, der die gesamte Menschheit in Armut bringt, in eine ökologische Katastrophe stürzt - für die die Bourgeoisie die Proletarier und die Bevölkerung bezahlen lassen will und zu der uns der Wettlauf um den kapitalistischen Profit unaufhaltsam führt. Und, allgemeiner gesagt, gekämpft soll werden gegen den allgemeinen imperialistischen Krieg.

Wir dürfen uns jedoch nicht darauf verlassen, daß die so genannten Arbeitergewerkschaften in der heutigen Situation zu Kampf und Streiks aufrufen. Das hat die Arbeitnehmerkomponente der ’gelben Westen’ nach dem sukzessiven Scheitern vergangener Massenmobilisierungen, von 2003 bis 2016 gegen das Arbeitsrecht und 2018 der Eisenbahner, gut verstanden. In Ermangelung einer Arbeiterperspektive hat sich dieses ’anti-Gewerkschaftliche’ Gefühl unter diesen weniger erfahrenen Sektoren des Proletariats in Frankreich zu Unrecht in der ’anti-Gewerkschafts”-Ideologie der Kleinbürger wiedererkannt, die nichts anderes ist als der Ausdruck ihrer pathologischen Angst vor dem Kampf der Arbeiter und der Perspektive des Kommunismus. Die Gewerkschaften werden umso vorsichtiger sein, es sei denn, bestimmte Sektoren der Arbeiterschaft zwingen sie zur Mobilisierung, da das Auftreten von Kämpfen, Streiks und Demonstrationen von Arbeitern in der gegenwärtigen Situation die Möglichkeit öffnet, schnell und wahrhaftig (im Gegensatz zu den gelben Westen) eine echte Gefahr für die französische Bourgeoisie und den Kapitalismus zu sein. Angesichts der Umstände und der scheinbaren Radikalität der ’gelben Westen’ und des allgemeinen Klimas von Aufruhr im Land würde eine Mobilisierungsdynamik des Proletariats in Frankreich der sozialen Revolte hinter den Lohnforderungen sofort einen anderen Charakter verleihen, einen Klassencharakter, bei dem die Nationalflagge ebenso schnell der roten Flagge weichen würde; und die Marseillaise der Internationalen - und übrigens die ’interklassistische Einheit’ der gelben Westen zerstören würde. Und vor allem würde sie sehr schnell die bestehende Macht, die jetzige Regierung, in Frage stellen und eine politische Krise provozieren, die die Staatsmacht beeinflusst [4].

Damit sich diese Perspektive des Kampfes der Arbeiter jedoch öffnen kann, ist es nach wie vor notwendig, daß sich die Proletarier, die kämpferischsten Arbeiter, engagieren und mobilisieren, um so schnell wie möglich mit den Kampf der Arbeiter zu beginnen, um sich mit den gelben Westen, insbesondere den Arbeitern, auseinander zu setzen und ihnen den wahren Kampfesboden und den Weg zur Konfrontation mit dem Kapital zu zeigen. Zu diesem Zweck werden sie politische Konflikte nicht vermeiden können.... mit Gewerkschaften und linken Parteien sowohl am Arbeitsplatz als auch bei Straßendemonstrationen. Aber damit sich diese Perspektive öffnet, müssen sich die bewusstesten Arbeiter-Militanten und Revolutionäre neu formieren, sich in Kampfkomitees oder dergleichen organisieren und alle Proletarier ansprechen, sowohl an den Arbeitsplätzen als auch solche in ’gelben Westen’, die auf Blockaden stehen.

Internationale Gruppe der Kommunistischen Linken- Revolution oder Krieg (www.igcl.org), 2. Dezember 2018.

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Notes:

[1. Seit dem 17. November hat sich in Belgien in geringerem Maße eine weitere Bewegung von ’gelben Westen’ entwickelt.

[2. Es sei darauf hingewiesen, daß die ersten Versuche der extremen Rechten, die Bewegung von ’gelben Westen’ auf rassistischem und fremdenfeindlichem Gebiet herbeizuführen, nicht erfolgreich waren und sich die Mehrheit von ihnen von ihr abgewandt hat. Die Gefahr des Faschismus an der Macht steht nicht auf der Tagesordnung.

[3. Ganz zu schweigen von polizeilichen Provokationen aller Art, einschließlich der üblichen Praktiken der Infiltration innerhalb der Demonstranten selbst.

[4. Das bedeutet jedoch nicht, daß die Fragen des Arbeiteraufstands und der Macht der Arbeiterräte, der ’Sowjets’, aufgeworfen würden. Im Gegenteil, weit davon, das Proletariat befindet sich nicht auf dieser Ebene der Konfrontation mit dem Kapital und dem bürgerlichen Staat.