Accueil | Version imprimable |
Kommuniqué zum Anschlag in Berlin, zur Ermordung des russischen Botschafters in der Türkei und zu Aleppo (Den 20. Dezember 2016)
Wohin geht die kapitalistische Welt? Wohin will sie uns stürzen?
Mord und Terror in Berlin und Syrien, die Ermordung des russischen Botschafters in der Türkei - dies sind die neuesten Gewalttaten [1], die die Welt erschüttern. Sie häufen sich seit den Pariser Anschlägen vom Januar 2015 und mit der Ausdehnung der Kriege im Mittleren Osten, im Irak, in Syrien und im Jemen. Der Berliner Anschlag trifft unmittelbar das deutsche Kapital - was bedeutet, dass die deutsche Bourgeoisie ihrerseits dazu gezwungen wird, auf eine deutlich entschlossenere Weise ihren ganzen Staatsapparat und ihr nationales Kapital der neuen Situation anzupassen. Seit den Anschlägen in Frankreich ist es nicht mehr nur die Bevölkerung der sich am äußeren Rand des Kapitalismus befindlichen Länder, die systematisch und unmittelbar getroffen wird. Jetzt ist auch die Bevölkerung der Großmächte der europäischen und amerikanischen kapitalistischen Welt betroffen, im Wesentlichen also die große proletarische Masse.
Das Proletariat darf sich nicht von den Diskursen über die nationale Einheit und den Kampf gegen den Terror, über die Verteidigung der Demokratie und unserer „westlichen Lebensart“ täuschen lassen. Denn dabei besteht die Gefahr, in einen imperialistischen Krieg hineingezogen zu werden, der sich hinter dem bürgerlichen Staat verbirgt. Diese Diskurse werden sich vermehren, insbesondere in Deutschland. Nach „Je suis Charlie“, „Brüssel“ und „Nizza“ rufen die Medien nun „Ich bin ein Berliner“. Lassen wir uns nicht täuschen: dies wird keinesfalls weniger Kriege zur Folge haben, sondern eher mehr. Vor allem aber ebnen diese Diskurse den Weg zu einem flächendeckenden Krieg, in den der von Krisen gebeutelte Kapitalismus die Gesellschaft gänzlich einzubeziehen versucht.
Hinzu kommen die politischen Umwälzungen innerhalb des politischen Apparats der imperialistischen Großmächte: natürlich der Brexit und der Sieg Trumps, aber auch das Ende des Zweiparteiensystems in Westeuropa und das damit einhergehende Auftauchen neuer (oft als populistische bezeichneten) politischen Kräfte sowie neuer politischer Redeweisen – immer aggressiver, nationalistischer und rassistischer als zuvor, immer mehr die Kriegsstimmung befeuernd. Alle diese Ereignisse, Kriegsakten und politischen Umwälzungen resultieren grundsätzlich aus der Unfähigkeit des Kapitals, die unmittelbaren Nachwirkungen der Krise von 2008 zu überwinden und die Wirtschaft wieder „anzukurbeln“. Die Krise übt jetzt einen solchen Druck aus, dass sie die verschiedenen Staatsapparate zur Anpassung ihrer jeweiligen politischen Dispositive an die neue Situation anzupassen - einschließlich einer Erneuerung des politischen Personals, befreit von den althergebrachten Erklärungsmustern aus einer Zeit vor 2015. Und sie zwingt auch die bürgerlichen Klassen aller Länder dazu, ihre wirtschaftlichen, politischen und ideologischen Angriffe gegen die Proletarier und ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verschärfen.
Den von letzteren angesichts einer seit Jahrzehnten andauernden Wirtschaftskrise bereits erbrachten Opfern gesellen sich nun neue, den imperialistischen Krieg vorbereitende Opfer hinzu. Denn wer wird das Anwachsen der amerikanischen militärischen Flotte von 272 zu 350 Schiffen bezahlen, das sich Trump fest vorgenommen hat? Den Bau von drei neuen Flugzeugträgern? Wer wird die Erhöhung des deutschen Verteidigungshaushalt von 1 auf 2% des BIP bezahlen? Wer wird dafür bezahlen, dass die Militärausgaben Frankreichs jene Russlands(!) übertreffen werden [2]? Überall, ob in Europa, in Asien oder sonst wo, steigen die militärischen Ausgaben, wenn sie nicht gar wie in China oder Saudi Arabien explosionsartig anwachsen - was wiederum das Ansteigen der Militärausgaben rivalisierender Länder provoziert. Wer wird bezahlen und wer zahlt bereits jetzt? Zum größten Teil, wenn nicht gar gänzlich, das internationale Proletariat. Und wer wird dafür sogar sein Leben opfern? Trump „wird beweisen müssen, inwiefern [das Zurückdrängen Chinas] eine nationale Priorität ist, für die die Amerikaner schließlich aufgefordert werden könnten, ihr Leben zu lassen.“ (Asian Times, Harry Kazianis, 10.12.16). Zweifellos kann dieser Situation nur entronnen werden, indem das internationale Proletariat jede nationale Einheit ablehnt, zugunsten der Entwicklung seines eigenen Klassenkampfes, der schlussendlich die Zerstörung des Krieg und Elend verbreitenden Kapitalismus bedeuten wird.
Ob in Briefen oder auf Versammlungen: viele Revolutionäre sagen, dass wir die Gefahr der Situation überschätzen, wenn wir auf die Tatsache hinweisen, dass die Bourgeoisie heute zur Förderung eines flächendeckenden Kriegs gezwungen wird. Sie unterstellen uns daran zu glauben, dass dieser Krieg unvermeidlich ist und kurz bevorsteht, wobei sie Prozess und vollendete Tatsache verwechseln. Hierin vermuten sie einen Glaubenssatz jener der marxistischen Theorie treu gebliebenen kommunistischen Gruppen, die bei jeder Gelegenheit Krieg und kapitalistische Katastrophen herbeibeschwörten. Für einige sogar hat sich an der Situation nichts grundsätzliches verändert, wir würden lediglich den konzertierten Medienkampagnen aufsitzen. Angesichts der heutigen Ereignisse verbirgt dies nur schlecht die zugrundeliegende Furcht vor der Gegenwart und den Wunsch, in eine heile Welt „vor 2015“ zurückzukehren. Man verschließt die Augen angesichts des Abgrunds, der sich vor uns auftut. Schlimmer noch, hier zeigt sich die fehlende Bereitschaft, politische Konsequenzen zu ziehen, angefangen mit unserem politischen Engagement und unserer eigenen Verantwortung im Kampf für die Wiedervereinigung der heute so zersplitterten und isolierten Kommunisten, und endend im historischen Kampf der ausgebeuteten und zugleich revolutionären Klasse - dem Proletariat.
Die kapitalistische Welt eilt zum allumfassenden Krieg, in den sie die ganze Menschheit zu stürzen versucht. Wird sie es schaffen? Proletarische Revolution oder imperialistischer Krieg, Sozialismus oder Barbarei, das ist die Wahl in diesem historischen Klassenkampf, den gegen das internationale Proletariat zu provozieren sich die Bourgeoisie heute gezwungen sieht.
Notes:
[1] . Lang ist die Liste der Umschläge. Am selben Tag fand eine Schießerei gegen einem islamistischen Zentrum in Schweiz (5 Toten) statt und am vorherigen Tag war ein Umschlag in Jordanien in Karak, der 8 Toten machte...
[2] . Französischer Wochenzeitschrift Le Point, Budget militaire : la France dépensera plus que la Russie en 2017, 12 décembre 2016 (http://www.lepoint.fr/monde/budget-militaire-la-france-depensera-plus-que-la-russie-en-2017—12-12-2016-2089696_24.php#xtmc=budget-militaire-2017&xtnp=1&xtcr=1).